Unter der Rubrik Blickpunkt Kunst stellt die Galerie im monatlichen Wechsel Fotografien zum Thema Kunst und Raum vor.

Im Kalenderjahr 2012 ist diese Rubrik dem bekannten finnischen Fotografen Risto Siltala gewidmet:

Der geschärfte Blick des Fotografen erkennt das Besondere im alltäglichen wie im musealen Umraum und erhebt es durch die pointierte Auswahl seiner Bildausschnitte zum Künstlerischen. Dem architektonischen Makrokosmos unserer Umwelt wird der durch die Fotografie erstellte Mikrokosmos in seiner Fülle entgegengesetzt.

Vermeintlich bekannte Räume, die zu optischen Allgemeinplätzen mit Wiedererkennungseffekt geworden sind, erhalten durch den besonderen Blickpunkt neue Aufmerksamkeit. Der Betrachter wird für einen Moment zum Staunen verführt und in die Schule des Sehens eingeladen.

Rainer Maria Rilke hat sich in seinen Schriften stark mit der Intensivierung der Wahrnehmung, besonders des "Sehens" beschäftigen. Wir ergänzen unser fotografisches Kalenderblatt von Risto Siltala mit korrespondierende Textausschnitten von R.M.Rilke.

Zitat aus: R.M.Rilke "Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge"

"…Daß ich es nicht lassen kann, bei offenen Fenster zu schlafen. Elektrische Bahnen rasen läutend durch meine Stube. Automobile gehen über mich hin. Eine Tür fällt zu. Irgendwo klirrt eine Scheibe herunter, ich höre ihre großen Scherben lachen, die kleinen Splitter kichern. Dann plötzlich dumpfer, eingeschlossener Lärm von der anderen Seite, innen im Hause. Jemand steigt die Treppe. Kommt, kommt unaufhörlich. Ist da, ist lange da, geht vorbei. Und wieder die Straße. Ein Mädchen kreischt: Ah tais-toi, je ne veux plus. Die Elektrische rennt ganz erregt heran, darüber fort, fort über alles. Jemand ruft. Leute laufen, überholen sich. Ein Hund bellt. Was für eine Erleichterung: ein Hund. Gegen Morgen kräht sogar ein Hahn, und das ist Wohltun ohne Grenzen. Dann schlafe ich plötzlich ein."